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Ausbildungsvergütung - tarifgebunden?


jk86

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Ahoi,

ich habe mich bei einem großen IT-Dienstleister für eine Ausbildung als Fachinformatiker beworben und das Telefoninterview lief ganz ok. Hab demnächst ein Vorstellungsgespräch). Allerdings ist die angebotene Bezahlung, entschuldigt den Ausdruck, unter aller Sau: 450 € im ersten Lehrjahr, jeweils 50 € mehr in den anderen beiden Jahren. Jetzt habe ich mich schlau gemacht und rausgefunden - wenn ich das richtig verstehe - dass das Unternehmen an den Tariflohn gebunden ist bzw. diesen, laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts, nicht um mehr als 20% unterschreiten darf.

Fragen:

1. Kann das hier jemand verifizieren?

2. Wie verklickere ich das den Leuten im Vorstellungsgespräch, dass die 450 € schlichtweg rechtswidrig sind? (Ich will ja, sofern die Chemie stimmt, da auch genommen werden.)

3. Welche Möglichkeiten habe ich, rechtlich dagegen vorzugehen, auch wenn kein Ausbildungsvertrag zustande kommt? Bei Ausbeutung platzt mir einfach die Hutschnur und ich mag mir gar nicht vorstellen, wie ein 17-Jähriger Realschüler, der neu im Berufsleben ist und seine Rechte nicht kennt, ausgebeutet wird. (Ich hab ja schon ein paar Jährchen in petto und kenn mich ein bisschen besser aus.)

4. Welche Gewerkschaft ist zuständig? Sitz des Unternehmens ist Hessen, es ist ein reiner IT-Dienstleister (d.h. gehört nicht zu einer Bank etc).

Bearbeitet von jk86
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Rechtsanspruch auf den Tariflohn hast du nur, wenn du Mitglied in der vertragsschließenden Gewerkschaft bist ODER der Tarifvertrag vom Bundesministerium für Arbeit und Sozials für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Der Arbeitgeber muss außerdem natürlich Mitglied im vertragsschließenden Arbeitgeberverband sein. In diesen beiden Fällen darf der Lohn auch nicht 20% unter dem Tariflohn liegen sondern es muss mindestens der tariflich vereinbarte Lohn gezahlt werden.

Bist du sicher, dass der Tarifvertrag allgemeinverbindlich ist? Ich kann mir das bei einem IT-Dienstleister kaum vorstellen. Siehe diese Liste: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen-DinA4/arbeitsrecht-verzeichnis-allgemeinverbindlicher-tarifvertraege.pdf?__blob=publicationFile

Und in der Gewerkschaft bist du ja offenbar kein Mitglied.

Ich denke also, du hast da keinen Anspruch.

Und selbst wenn du einen Anspruch hättest, geht deine Chance leider gegen 0 mit einem höheren Gehalt als 450€ bei dem Laden anzuheuern. Die nehmen einfach einen anderen Bewerber. Und wenn du nicht Vertragspartner bist, hast du auch Anspruchsgrundlage. Also müsstest du den Arbeitsvertrag über 450€ unterschreiben und danach vorm Arbeitsgericht klagen oder, besser, die Gewerkschaft klagen lassen. Und wenn du Pech hast, dauert der Rechtsstreit dann erstmal ein Jahr in erster Instanz.

Es gibt leider ausbeuterische Unternehmen. Als Ausbildungsanwärter kannst du da kaum etwas anderes machen, als diese Betriebe zu meiden.

 

P.S.: Wenn das Unternehmen tatsächlich keiner einschlägigen Branche angehört, könnte die IG-Metall zuständig sein (http://www.itk-igmetall.de/)

Bearbeitet von larsson
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vor 6 Stunden schrieb larsson:

Bist du sicher, dass der Tarifvertrag allgemeinverbindlich ist? Ich kann mir das bei einem IT-Dienstleister kaum vorstellen.

Ich habe hierzu zwei Urteile gefunden.

Erstens: http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BAG&Datum=19.02.2008&Aktenzeichen=9%20AZR%201091/06

Kurz zusammengefasst: Das BAG entschied, dass eine Ausbildungsvergütung von 35% unter Tarif nicht angemessen war.

Zweitens: http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BAG&Datum=29.04.2015&Aktenzeichen=9%20AZR%20108/14

Kurz zusammengefasst: Das BAG entschied, dass auch Unternehmen, die nicht an Tarifverträge gebunden sind, den Ausbildungslohn nicht um mehr als 20% des Tarifvertrags unterschreiten dürfen, auch wenn der Arbeitgeber gemeinnützig ist. Der Arbeitgeber eines ehemaligen Azubis, der gegen seinen geringen Ausbildungslohn geklagt hatte, muss diesem über 21.000 € nachzahlen. Ausnahmen sind möglich, der Nachweis dafür muss vom Arbeitgeber erbracht werden.

Dass man dafür Mitglied einer Gewerkschaft sein muss, steht nicht da und war auch bei den Auszubildenden, die in den beiden Fällen klagten, nicht der Fall (oder zumindest nicht ausschlaggebend, sonst wäre das im Urteil berücksichtigt worden.)

Ich gehe am Montag mal zur IHK und IG Metall und versuche, mehr herauszufinden.

Bearbeitet von jk86
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Erst einmal, ist eine Ausbildungsvergütung kein Gehalt, es soll also nicht allen möglichen Luxus erlauben sondern eine Art Gegenleistung zusätzlich(!) zu der Ausbildung sein, wobei manche ja nicht mal mehr dankbar sind eine Ausbildung zu erhalten. 

Zweitens sind Ausbildungsjahre keine Herrenjahre, eine fundierte Ausbildung sollte im Vordergrund stehen und nicht die Vergütung. Sprich: Wenn ein Betrieb super ausbildet, die Vergütung aber nicht allzu hoch ist, ist das dennoch mehr wert, als wenn die Vergütung hoch ist aber sich nicht um den Azubi gekümmert wird.

Drittens halte ich es für eine ganz schlechte Idee, seinen Ausbildungsbetrieb zu verklagen. Alleine die Idee "ich will die Stelle um die dann zu verklagen" halte ich für ziemlich abartig.

Viertens ist es keine Ausbeutung, sondern ein Geben und Nehmen im gegenseitigen Einverständnis: Ausbildung und Vergütung gegen Arbeitskraft.

Fünftens halte ich 450€/500€/550€ nicht für allzu wenig Vergütung. Bei mir in der Berufsschule gab es sicher welche mit 300€ und in anderen Ausbildungsberufen gibts deutlich weniger, in anderen deutlich mehr. Es handelt sich bei den mehr oder weniger offiziellen Angaben auch immer um Durchschnittswerte, es heißt also nicht, dass jeder die sechs- oder siebenhunderteuroirgendwas bekommt.

Sechstens ist eine Ausbildungsvergütung auch verhandlungssache. Wenn der Betrieb einen unbedingt haben möchte, kann man sicher auch ein wenig mehr verlangen. Ansonsten hat man halt Pech und er nimmt jemand anderen. Aber ich würde da auch nicht meine Ausbildung aufs Spiel setzen, denn dann steht man ganz schnell ohne Ausbildung dar.

Siebtens: Sorgen um viel oder wenig Gehalt kann man sich auch erst nach der Ausbildung machen. In der Ausbildung ist man aber nicht bei "Wünsch dir was".

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Ich glaube auch, dass eine Ausbildungsvergütung angemessen sein muss, die 450/500/550 zählen auf jeden Fall dazu. 

Wenn du glaubst das es wenig ist, dann warte mal ab, sobald die Ausbildung losgeht, wir haben jetzt einige in der Klasse, die sind im dritten Jahr und bekommen 500€ brutto, der Betrieb ist auch in einer Gewerkschaft, aber da die Ausbildungsvergütung kein richtiges Gehalt ist, gelten die Tarife bei denen nicht.

Wie weiter oben schon gefragt, was erwartest du denn?

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Die Tarifverträge der IG Metall schreiben für 2015 im ersten Lehrjahr (Bundesland Hessen) 911 € vor, mit max. 20 % unter Tarif wären wir dann bei 728 €. Mit der nächsten Tarifrunde wahrscheinlich ein bisschen mehr. Ich habe tatsächlich auch viele Betriebe gefunden, die Ausbildungsvergütungen in dieser Höhe anbieten. (Leider haben die mir abgesagt oder die Antworten sind noch offen. Hätte ich vor dem Telefoninterview von den 450 € gewusst, hätte ich mich da gar nicht erst beworben. Es gibt definitiv besser bezahlte Stellen in der Gegend).

Ich kann eure Einwände ja verstehen. Ich verstehe, dass manche Firmen kein höheres Gehalt zahlen können, aber wir sprechen hier von einem internationalen IT-Dienstleister, der mehrere Milliarden US-$ Umsatz pro Jahr macht. Ich verstehe auch, warum sich jemand mit 450 € abspeisen lässt, aber sobald man sich selbst versichern muss, keinen Anspruch auf Bafög mehr hat und keinen Unterhalt mehr bekommt, sind 450 € extrem wenig Geld. Es ist eben nicht mehr jeder knackig jung, wohnt noch bei den Eltern und ist familienversichert. Alleine meine Miete beträgt 325 € warm, und das ist keine Luxuswohnung mit goldenen Türknäufen, sondern ein schlichtes 20m²-Zimmer am Rande von Frankfurt in einem Haus, das mir im wahrsten Sinne des Wortes unterm Arsch wegschimmelt. Wenn noch mindestens 80 € Versicherung dazukommen, kann ich mich entscheiden, ob ich lieber nach einem Monat verhungert bin oder einen Monat lang ohne Ticket zur Arbeit/BS fahre. Das kann's doch nicht sein?

Ja, ich weiß, dass ich BAB bekommen könnte. Allerdings frage ich mich, warum dafür der Staat/die Kommune aufkommen soll, wenn das Gesetz eindeutig sagt, dass ich Anspruch auf ein höheres Ausbildungsgehalt hätte. (Zumindest konnte das hier noch niemand widerlegen.)

 

@Nightmar : Betriebe können nicht in einer Gewerkschaft sein, nur Arbeiter und Angestellte, die keine leitenden Positionen innehaben. Und natürlich ist ein Ausbildungsgehalt ein Gehalt, der Betrieb muss mich ja anlernen und ich bin daher nicht so wertvoll (bzw. erwirtschafte nicht soviel) wie ein normaler, fertig ausgebildeter Angestellter, dennoch erbringe ich eine Leistung zugunsten des Arbeitgebers und erwarte dafür eine Bezahlung, von der ich nicht jeden Tag in die Bahnhofsmission zum Suppe essen gehen muss. Ja, Lehrjahre sind keine Herrenjahre, aber ich war 10 Jahre lang "working poor" und hab davon so langsam mal die Schnauze voll (und nein, ich habe keinen exorbitant hohen Lebensstil, ich lebe ziemlich sparsam.)

Bearbeitet von jk86
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Dann ist das Unternehmen einfach nichts für dich und gut.

Ich bin auch in der IG Metall Niedersachsen und wir kommen im dritten Lehrjahr nichtmal an die 931€ ran. Im ersten Jahr bekommen wir um die 550€ und ich glaube kaum, dass sich die Ausbildungsvergütung zwischen den Bundesländern so stark unterscheidet. Wir sind auch ein weltweites Unternehmen.

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Kann mir mal jemand erklären, warum der Metalltarif zur Anwendung kommen sollte? Es gibt in vielen Gewerkschaften IT-Fachgruppen, unter anderem auch bei Verdi.

https://tk-it.verdi.de/

Es kommt nämlich der Tarifvertrag zur Anwendung, auf den sich Arbeitgeber und Gewerkschaft in diesem Betrieb geeinigt haben - eventuell sogar ein Haustarif.

Ausserdem: ein IT-Dienstleister mit Handelsanteil (Verkauf von Hardware) ist kann auch unter die Tarifverträge von Gross- bzw. Einzelhandel fallen. Da sind die Ausbildungsvergütungen deutlich niedriger. Als Übersicht hier: http://boeckler.de/wsi-tarifarchiv_2272.htm

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vor 3 Stunden schrieb jk86:

Alleine meine Miete beträgt 325 € warm, und das ist keine Luxuswohnung mit goldenen Türknäufen, sondern ein schlichtes 20m²-Zimmer am Rande von Frankfurt in einem Haus, das mir im wahrsten Sinne des Wortes unterm Arsch wegschimmelt. Wenn noch mindestens 80 € Versicherung dazukommen, kann ich mich entscheiden, ob ich lieber nach einem Monat verhungert bin oder einen Monat lang ohne Ticket zur Arbeit/BS fahre. Das kann's doch nicht sein?

Es gibt eine ganze Reihe an Finanzierungsmöglichkeiten. Zum Beispiel BAföG, wenn du das aber nicht bekommst, dann steht dir auf jeden vermutlich Wohngeld zu. Ansonsten gibt es noch private Bildungskredite. Natürlich ist das "blöd" bzw., aber bei einer Ausbildung geht man in der Regel von U20 und Erstausbildung aus (ich habe meine Ausbildung auch erst später gemacht und weiß, wie blöd das ist). Ich verstehe aber auch absolut, dass es dich ärgert, nur verklagen bringt wohl nichts. Wenn du 450€ + 200€ Wohngeld bekommst (wohl eher mehr!), haste immerhin auch 650€, also 325€ zum Leben im Monat... Ist zwar nicht viel, aber es geht. 

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vor 2 Stunden schrieb Nightmar:

Dann ist das Unternehmen einfach nichts für dich und gut.

Ich bin auch in der IG Metall Niedersachsen und wir kommen im dritten Lehrjahr nichtmal an die 931€ ran. Im ersten Jahr bekommen wir um die 550€ und ich glaube kaum, dass sich die Ausbildungsvergütung zwischen den Bundesländern so stark unterscheidet. Wir sind auch ein weltweites Unternehmen.

Doch, das unterscheidet sich schon. Hier in Bayern starten IGM azubis mit 946 Euro. 

In Niedersachsen wirklich so wenig? 

PS: http://www.boeckler.de/wsi-tarifarchiv_2272.htm

Anscheinend nicht 550, sondern deutlich mehr. 

 

Bafög gibt es btw nicht für eine duale Ausbildung. Wohngeld könnte klappen. Da braucht man aber ein mindesteinkommen. 

450 ist btw mies, sorry. Das hatte ich 2002 in der Ausbildung und zwar im günstigen ruhrpott. FFM ist ja preislich noch ein anderes Pflaster. 

Also so 600 sollten schon drin sein. 

Aber wird sicher schwer das rauszuhandeln. 

Bearbeitet von Graustein
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Eben, man braucht ein Mindesteinkommen. Wohngeld ist eine höchst paradoxe Sache - Man bekommt es quasi nur, wenn man sowieso genug Geld hat, um über die Runden zu kommen. Es blieben die Option BAB oder aufstockendes Hartz IV. Beides werde ich mit meiner Sachbearbeiterin besprechen.

Ich habe nie gesagt, dass ich das Unternehmen verklagen möchte. Den Stress will ich mir gar nicht geben. Ich frage mich nur, wie ich ein angemessenes Gehalt raushandeln kann mit Verweis auf die Rechtslage, ohne dass es dann heißt: Danke, der nächste bitte. Ehrlichkeit und offene Kommunkation betrachte ich als Pluspunkt, ich will ja niemandem schaden - inklusive mir selbst, indem ich vermeide, schon wieder einen Job unter jedem rechtlichen und ethischen Standard zu haben. Oder zumindest zu bewirken, dass das Unternehmen den anderen Azubis angemessene Gehälter anbietet, denn für das Unternehmen ist es ja auch scheiße, verklagt zu werden, sobald die Azubis spitzkriegen, was Phase ist. Ich erhoffe mir davon Synergieeffekte, denn letztendlich leben junge (und auch viele, viele ältere) Menschen auf Minijob-Niveau, weil sich niemand gegen die Verhältnisse wehrt. Dennoch, rechtlichen Stress braucht echt keiner, wenn es sich vorher auch einvernehmlich regeln lässt.

Mit rechtlichen Möglichkeiten meinte ich eher: Ob z.B. eine Unterstützung von der IHK möglich wäre, die bietet ja Schiedsstellen zwischen Unternehmen und Azubis an. Dass mir alles, was vor Gericht abläuft, nur ein Anwalt erklären kann, ist mir schon klar. Aber das meine ich ja gar nicht. War vielleicht missverständlich ausgedrückt, sorry.

Ich kann noch nicht sagen, ob das Unternehmen was für mich wäre oder nicht. Am Anfang schon so ein Stress mit dem Gehalt wäre natürlich ein starkes Argument gegen das Unternehmen. Aber ich will es mir wenigstens nochmal beim Vorstellungsgespräch anschauen. Jeder hat ne zweite Chance verdient...

@Chief_Wiggum Möglich, ich weiß nicht welcher Tarif Anwendung finden würde. Laut dem Verdi-Tarifvertrag für den Einzelhandel sind wir dann aber auch bei 765 € bzw. 612 € (80% des Tarifes) für Hessen. Die 162 € Unterschied zu den angebotenen 450 € sind schon ne Stange Geld.

 

Bearbeitet von jk86
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vor 9 Minuten schrieb jk86:

ich weiß nicht welcher Tarif Anwendung finden würde.

Aha... und auf welcher Grundlage (es besteht immerhin kein Vertragsverhältnis zwischen dir und den Betrieb) willst du dann dagegen vorgehen? Immerhin werden Ausbildungsverträge bei der IHK eingetragen, die auch solche Sachen zu kontrollieren hat.

BTW am Rande: Seit 2014 willst du eine IT-Ausbildung starten und suchst jetzt immer noch???

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Am 6.2.2016 um 11:47 schrieb jk86:
vor 16 Stunden schrieb pr0gg3r:

Fünftens halte ich 450€/500€/550€ nicht für allzu wenig Vergütung. Bei mir in der Berufsschule gab es sicher welche mit 300€ und in anderen Ausbildungsberufen gibts deutlich weniger

 

Wenn man sich immer nur nach unten orientiert kommt man nicht weit im Leben. Ich finde 450€/500€/550€ sind die unterste Schmerzgrenze und zwar in mehreren Konstellationen: Wenn das Unternehmen hohe Gewinne einfährt, wo ist das Problem, dem Auszubildenen 100-200€ mehr zu geben? Vor allem da gerade in diesem Bereich jeder Euro wirklich den Unterschied machen kann, z. B.wenn der Auszubildene vor hat in die nähe des Betriebes zu ziehen und auf eigenen Beinen zu stehen. Selbst Bäckereien und Restaurants - ja sogar Friseure -  geben ihren Auszbildenen gleich viel oder sogar mehr Gehalt, obwohl die Branche bei weitem nicht so lukrativ ist und der Azubi sich durch Mühe bei weitem weniger selbst beibringen kann als in der IT. Wenn schon an der Ausbildungsvergütung derart geknausert wird, dann ist wohl auch kein Geld für eine fachlich adequate Ausbildung da z. B. für Weiterbildungen/Zertifizierungen, was bei einem Dienstleister aber wichtig wäre. Wenn das Unternehmen hingegen nicht mehr Geld zur Verfügung hat, dann sollte das Unternehmen erst gar nicht ausbilden. Was soll der Auszubildene da lernen außer dass das Unternehmen schlecht wirtschaftet und mit seinen Leistungen im Niedriglohnsektor operiert und eigentlich gar nicht Konkurrenzfähig ist? Was er da nach der Ausbildung zu erwarten hat, wenn das Unternehmen denn vor haben sollte überhaupt Vollzeitstellen zu schaffen, kann er sich da an seinen Fingern abzählen.

Nichts gegen euch aber ich finde es sehr bedenklich wie manche (nicht nur hier) sich als Bittsteller der Wirtschaft präsentieren, in dem Sie zweifelsfrei niedrige Gehälter versuchen moralisch zu rechtfertigen und Kritik mit der Floskel "sei Dankbar überhaupt was zu finden" rechtfertigen. Das ist aus der Sicht des Arbeitsnehmers auf so vielen Ebenen kontraproduktiv. Arbeit sollte immer Verhältnismäßig gut vergütet werden und allein aus der Branchensicht gibt es keinen Grund warum ein Azubi bei einem IT-Dienstleister genauso viel verdienen sollte wie ein Azubi bei einem kleinst-Friseur.

p.s. Betriebe die ihren Auszubildenen 300€ für die Ausbildung geben sollten direkt die Ausbildungserlaubnis verlieren. Aber das wird nie passieren ... , weil die IHK auch nur ein geldhungriges Gebilde ist das zum Selbstzweck operiert. Nur deswegen ist es möglich das IT-Auszubildene 300€ verdienen, Köche in einer Schwimmbadpommesbude lernen dürfen und selbst die Auszubildenen bei der IHK ... (das schreib ich jetzt nicht, weil ich sonst wahrscheinlich verklagt werde von dem Verein).

Wenn der Threadersteller nicht schon so lange suchen würde ohne Aussicht auf Erfolg wäre mein Rat: ablehnen und weiter suchen. Wenn das schon so anfängt, einfach mal Eier wachsen lassen und sich nicht auf schlechte Gehälter und oder fragwüride Arbeitsbedingungen einlassen. Dann brauch man sich auch nicht darüber ärgern. Bei solchen Arbeitgebern will man gar nicht arbeiten.

 

 

Bearbeitet von Uhu
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Am 7.2.2016 um 21:46 schrieb Chief Wiggum:

BTW am Rande: Seit 2014 willst du eine IT-Ausbildung starten und suchst jetzt immer noch???

Ja. Ich weiß nicht, woran es liegt, dass ich bisher keinen Ausbildungsplatz gefunden habe. Es hagelt eine Absage nach der anderen, die Hälfte der Unternehmen hat mir nicht mal ne Eingangsbestätigung geschickt, obwohl meine Bewerbung inhaltlich und formal in Ordnung und gut geschrieben ist (ich gehe auf die Unternehmen, mein mögliches Engagement und ihre Produkte ein etc.), sie entsprechen der DIN-Norm und Rechtschreibung, das Foto ist vom Profi gemacht und abstoßend hässlich oder unpassend gekleidet bin ich auch nicht, mit dem Abischnitt könnte ich zwar kein Medizin studieren aber es ist trotzdem kein schlechtes Abi, Referenzen von alten Arbeitsstellen sind gut, alles in einer PDF-Datei unter 2MB verschickt usw. usf.

Ich vermute, die meisten Personaler wollen keine Studienabbrecher oder haben Angst vor meinen ausschließlich gleichen Chromosomensätzen (was auch immer das über mich und meine Befähigung zu einem bestimmten Beruf aussagen soll). Ist ne (möglicherweise falsche) Unterstellung, ich weiß - begründen tut die Absagen ja keiner.

Ach ja, um mal aufs Thema zurückzukommen: Das Unternehmen, das mir 450 € geboten hatte, hat sich inzwischen um 250 € (!) nach oben korrigiert, sodass das Gehalt jetzt zwar immer noch nicht besonders prickelnd ist, aber zumindest rechtlich im grünen Bereich, und davon leben kann man auch irgendwie.

Bearbeitet von jk86
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Hast du deine Bewerbung mal von anderen checken lassen? Vielleicht hast du eine Kleinigkeit, die dir überhaupt nicht auffällt, einem erfahrenen Personaler aber sofort. Außerdem ist es immer vorteilhaft, individuelle Bewerbungen pro Unternehmen zu versenden (was dich gerade an diesem Unternehmen interessiert) statt eine Standardbewerbung.

Dass Unternehmen keine Studienabbrecher wollen, kann ich so nicht bestätigen. Bei mir in der Berufsschulklasse waren davon einige dabei und die waren alle eher besser als die anderen.

Wenn du leider nur bei einem Unternehmen genommen wirst, dann hast du leider nicht den Luxus, aussuchen zu können. Wenn du aber deine Bewerbung checken lässt (evtl. auch hier im Forum) und die Firmen individuell anschreibst, evtl. auch den Radius deiner Suche erhöhst, dann bin ich mir sicher, dass du noch die eine oder andere Zusage bekommen wirst. 

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ich finde die angebotenen 450/500/550 heute auch absolut unter der Schmerzgrenze.

Ich finde auch in vielerlei Hinsicht stellt für mich der TVÖD oder bei Azubis der TVAÖD der absolute Schnitt dar. Zahlt ein Betrieb 20% weniger als der TVAÖD, ist das für mich ein Starkes Indiz auf einen Ausbeuter.

Zum Vergleich: Ich hab 2007 bei einem Mittelständler in Hessen 650/700/750 angeboten bekommen, bei meinen Klassenkameraden sah es damals ähnlich aus, manche hatten mehr, manche weniger.

Gehalt/Vergütung ist nicht alles, aber auch als Azubi sollte man wenigstens auf dem Existenzminimum leben können. Mit 450€ sehe ich die Schwelle zu den Guten Sitten unterschritten. Davon kann kein Azubi selbst seinen Lebensunterhalt bestreiten. Netto bleiben bestenfalls 350€ übrig, selbst mit kindergeld ist es zu wenig. Ohne erst recht. Ich Leite damit auch ab, dass bei dem Betrieb allgemein nur wenig in das Wohl der Mitarbeiter gesteckt wird, es sei denn die Firma sponsert täglich in der Kantine Essen, halte ich für äußerst unwahrscheinlich.

@jk86 du hast als Azubi keinen Anspruch auf Aufstockendes ALG2 (Hartz IV ). Du musst vorrangig BAB beantragen. Anspruch auf Wohngeld hast du nur für den Teil der Miete, die nicht vom BAB abgedeckt sind. Solltest du kein Anspruch auf BAB haben, springt erst dann das Jobcenter ein. Du benötigst aber einen Ablehnungsbescheid. Ich hab das alles schonmal hinter mir.

Und im Zweifel setze deine Bewerbung einfach hier online rein. Vielleicht sehen wir etwas, was du übersehen hast, dem Personaler aber sofort ins Auge sticht. Aber wenn du auch grundlegend so forsch formulierst wie hier im Forum, wundert es mich eher nicht, dass du so viele Absagen erhältst.

Du erweckst bei mir den Eindruck: "Der ist unbelehrbar". Keine gute Grundlage für eine Ausbildung. Das ist allerdings nur meine Meinung bzw. der erste Eindruck von dir!!!

Aber du kennst ja sicher den Spruch:

"Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck."

Gruß Timo

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Da muss ich tTt zustimmen, du erweckst wirklich einen leicht überheblichen Eindruck (Bsp: "Ich vermute, die meisten Personaler wollen keine Studienabbrecher oder haben Angst vor meinen ausschließlich gleichen Chromosomensätzen (was auch immer das über mich und meine Befähigung zu einem bestimmten Beruf aussagen soll)." ). Gerade in der Ausbildung muss man sich Dinge sagen lassen können. Bei uns wurde gerade auch wieder Probearbeiter für die kommenden Ausbildungsplätze getestet bei dem einer aufgrund seiner überheblichen Art nicht genommen wurde, obwohl der fachlich mit am besten war.

Positive Einstellung und der Wille, etwas gelehrt zu werden, sind imo sehr wichtige Aspekte.

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Am ‎12‎.‎02‎.‎2016 um 15:37 schrieb jk86:

Ach ja, um mal aufs Thema zurückzukommen: Das Unternehmen, das mir 450 € geboten hatte, hat sich inzwischen um 250 € (!) nach oben korrigiert, sodass das Gehalt jetzt zwar immer noch nicht besonders prickelnd ist, aber zumindest rechtlich im grünen Bereich, und davon leben kann man auch irgendwie.

Wärst Du dann der einzige Auszubildende in dem Unternehmen? Normalerweise muss der Betrieb allen Auszubildenden die gleiche Ausbildungsvergütung bezahlen und kann nicht einfach einem Auszubildenden 250 Euro mehr zahlen als den anderen Auszubildenden.

Für 450 Euro brutto in der Ausbildung würde ich auch keine Ausbildung als Fachinformatiker absolvieren. Das ist eine Unverschämtheit der der Firma. Bei den meisten IHK`s dürfte so eine Ausbildungsvergütung auch nicht genehmigt werden. Ich habe vor 18 Jahren schon 800DM/900DM/1000DM als Ausbildungvergütung erhalten. In meinem Bekanntenkreis habe ich einen ähnlichen Fall. Ein Bekannter wird sein Wirtschaftsinformatik Studium abbrechen und auch eine Ausbildung als Fachinformatiker beginnen. Er hat sich bei einer Firma beworben, die im Bereich SAP Beratung tätig ist. Die Firma präsentiert sich top am Markt. Dort sollte er dann auch im ersten Ausbildungsjahr 500 Euro brutto bekommen. Das hat er dann mit einem lächelen freundlich dankend abgelehnt. Nun fängt es bei einem anderen mittelständischen IT-Dienstleistungsunternehmen an und bekommt bei der verkürzen Ausbildung 1100 Euro im ersten und 1200 Euro zweiten Ausbildungsjahr. Die Ausbildungsvergütung ist definitv nicht alles, aber wenn es einem Unternehmen wirklich gut geht, dann sollte es seine Auszubildenden auch fair bezahlen.

@jk86 
Ich muss den anderen Leuten hier Recht geben. Du wirst es mit deiner Einstellung sehr schwer haben einen Ausbildungsplatz zu finden und als Auszubildender in einem Unternehmen zurechtzukommen. So wie Du dich hier präsentierst fehlen dir alle persönlichen Grundlagen für eine gute Ausbildung.

 

 

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vor 14 Stunden schrieb jk86:

Ich verstehe nicht, was daran überheblich sein soll, wenn ich vermute, aufgrund meines Geschlechts oder des Studienabbruchs nicht genommen zu werden. Könnt ihr mir das mal erklären?

Am besten liest du deinen Anfangspost und denkst nochmal darüber nach. Dann verstehst du auch, was die anderen User hier meinen.

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