Hallo Leute,
aufgrund der regen Diskussion zum Thema Bewerbung und Anschreiben möchte ich auch gerne ein paar Hinweise aus Arbeitgebersicht beisteuern. Ich bin Inhaber und Geschäftsführer eines Softwarehauses und muss mir immer wieder zig Bewerbungen ansehen und – ehrlich gesagt – oft bin ich frustriert, mit wie wenig Mühe und Selbstvertrauen Bewerbungen geschrieben werden.
Zur Frage nach dem Anschreiben: Eine Bewerbung ohne Anschreiben ist wie ein Pils ohne Schaumkrone. Wer will schon ein abgestandenes Bier?
Das Anschreiben gehört dazu, genau wie ein Foto und der Lebenslauf und die Zeugnisse natürlich. Nach meiner Meinung ist das Anschreiben sogar der wichtigste Teil der Bewerbung, denn hier spreche ich meinen zukünftigen Arbeitgeber direkt an und WERBE für mich!! Das muss mir als Bewerber doch klar sein! Ich will meinem zukünftigen Chef doch zeigen, dass ich der Knaller bin, die beste Wahl, die er überhaupt treffen kann!!
Jede Bewerbung ist WERBUNG – Werbung für die eigene Person. Und wenn ich bei der Werbung für die eigene Person schon oberflächlich oder langweilig oder unordentlich bin, wie kann ich dann erwarten, dass der Chef mich einstellt? Wenn ich in der Disco eine Frau für mich gewinnen will, wird das mit Sprüchen wie „Bist Du auch hier?“ oder „Haste ma Feuer?“ ehr weniger gut klappen. Da muss ich mir schon Mühe geben und kreativ sein und kann mit auswendig gelernten Sätzen oder hohlen Phrasen nicht punkten. Das gilt auch für Bewerbungen um eine Arbeitsstelle.
Im Vertrieb gibt es einen Spruch, den ich mir immer wieder vorsage: Kunden kaufen nur bei Siegern! Und das gilt auch für die Einstellung neuer Mitarbeiter. Ich stelle nur Sieger-Typen ein. Kein Mensch wird einen Mitarbeiter aus Mitleid einstellen oder weil er sein „soziales Soll“ erfüllen will. Als Chef suche ich doch tolle Typen, die sich mit mir und meinem Unternehmen auseinander setzen, die mir erklären, wie super sie sind und dass ich Ihnen vertrauen kann und dass sie ihren Job super machen werden und und und..
Und genau dass muss ein Anschreiben vermitteln:
Als Bewerber habe ich mich mit der Homepage des Unternehmens auseinander gesetzt und kapiert, was das Besondere bei dem Unternehmen ist. Ich denke darüber nach, wie kann ich meine Fähigkeiten sinnvoll einbringen und damit einen guten Beitrag zum Unternehmen leisten.
Ich habe bestimmte Fähigkeiten, Interessen und beschäftige mich auch privat mit den Dingen, die ich beruflich machen will und will damit herausstellen, dass ich der Richtige für den Job bin.
Als Azubi im IT-Umfeld schreibe ich, dass ich privat einen Rechner habe, auf dem Linux, oder Windows X oder … installiert ist, mit dem ich xxx mache. Oder dass ich Homepages erstelle mit dem Tool xxx. Oder Bildbearbeitung mit xxx. Außerdem dass ich mit Word oder Excel so und so vertraut bin. Dass ich Computerzeitungen XXX lesen und mich für YYY interessiere.
Kurz: Das Anschreiben soll den zukünftigen Chef begeistern!
Dann ist das Foto wichtig, denn da „sieht“ man den Bewerber zum ersten Mal. Es sollte professionell gemacht sein, einen sauberen, gepflegten und sympathischen Menschen zeigen. Es muss mein Vertrauen und meine Sympathie wecken. (Manchmal bekomme ich da echte Horror-Fotos zu sehen ...)
Der Lebenslauf muss umfassend und vollständig sein. Er soll dem Chef ein ausgewogenes Bild über die privaten Lebensbedingungen vermitteln und z.B. anhand der Hobbys zeigen, dass der Bewerber zur Stelle „passt“.
Die Zeugnisse (gerade bei Azubis) zeigen dem Chef zwei Dinge: Ersten, welche Noten der Bewerber hat. Keiner, der auf dem Zeugnis mit 4 oder 5 abgeschlossen hat, wird im Unternehmen ein einser-Kandidat werden. Zumindest ist das eher unwahrscheinlich. Außerdem ist damit zu rechnen, dass der Bewerber auch öfter wegen Krankheit oder aus anderen Gründen ausfallen wird, wenn die Anzahl der Fehlstunden auf dem Zeugnis schon entsprechend hoch ist.
Gerade wenn das Zeugnis nicht so berauschend ist und der Bewerber schon einige Absagen einstecken musste, finde ich persönlich ein Praktikum sehr gut. Denn erstens kann der Bewerber ein wenig Erfahrung sammeln und zweitens kann er (vorausgesetzt er ist wirklich gut) auch ein super Praktikumszeugnis einheimsen, mit dem er die schlechten Schulnoten bei zukünftigen Bewerbungen ein wenig ausgleichen kann.
Nun zum konkreten Fall:
Ich würde das Anschreiben individuell für jeden einzelnen Arbeitgeber gestalten. Besuchen Sie die Internetseite des Arbeitgebers und schreiben Sie in das Anschreiben, was genau Sie bei Ihren neuen Arbeitgeber anspricht. Als Azubi, wenn Sie noch keine anderen Jobs und Erfahrungen vorzuweisen haben, stellen Sie Ihre Interessen heraus. Schreiben Sie (im IT-Umfeld) wie und wofür Sie Ihren PC einsetzen (WOW oder andere Ballerspiele eignen sich da natürlich nicht) aber Word, Excel-Erfahrungen, Powerpoint, Grafikbearbeitung, Musikprogramme usw. Alles, woran der Arbeitgeber erkennen kann, das der Umgang mit IT Ihnen liegt und Spaß macht.
Dasselbe gilt für allgemeine Qualifikationen: Kommunikation (Sportverein usw) privates Engagement usw.
Zum $-Anschreiben: Ich finde es gut, wenn man selbstbewusst und konkret ist. Deinen Schreibstil finde ich auch gut. Allerdings vermisse ich die Individualität und ich bin mir nicht sicher, ob sich Bewerber damit einen Gefallen tun, das Anschreiben von anderen Leuten zu übernehmen. Denn spätestens im Vorstellungsgespräch merke ich schnell, ob der Typ des Bewerbers auch zur Bewerbung passt. Besser ist es, sich die Mühe zu machen, seinen Stil zu finden, seine Worte zu nutzen um dem Chef zu zeigen, dass man der Richtig für genau diesen Job ist.
Liebe Grüße
Ein Nachtrag noch: Rechtschreibfehler und Stümmelsätze im Anschreiben, der falsche Name des Ansprechpartners usw. gehen gar nicht! Damit zeige ich, dass ich oberflächlich bin. Und wer stellt schon einen Mitarbeiter ein, der nicht einmal sorgfältig und ordentlich sein kann, wenn es um seine eigenen Interessen geht. Wie will er dann Sorgfalt und Ordnung walten lassen, wenn es um die Interessen des Unternehmens geht?