Das Problem in Deutschland ist vorallem, dass man keine richtige Vision hat, wie digitale Prozesse aussehen könnten. Auch fehl der Wille, da man vieles automatisieren und somit Beamte abschaffen könnte und wer sägt schon am eigenen Stuhl, auf dem man sitzt? Darum beschränken sich die Mühen auch im Grunde nur damit, die analogen Formulare zu digitalisieren.
Wenn mal doch versucht wird, etwas in eine moderne Form zu bringen, dann sind es gleich sehr große, prestigeprächtige "Leuchtturm"-Projekte, die aber von Anfang an zum Scheitern verurteilt sind, weil neben der fehlenden Vision auch man immer wieder den Fehler macht, alles wasserfallartig zu planen und darum ist das LiMux-Projekt (neben der Microsoft-Lobbyarbeit) auch gescheitert. Was nützt ein Linux-System, wenn eh weiterhin Briefe eingescannt und E-Mails ausgedruckt werden und Formulare in Word- oder PDF-Format vorliegen?
Vielmehr bedarf es viele, viele kleinere Projekte, wie aber nicht umgesetzt werden, weil der "Wumms" fehlt. Treiber ist oft das Argument "neue Arbeitsplätze" aber der digitale Wandel wandelt Arbeitsplätze um. Es werden mehr IT-Fachkräfte benötigt und immer weniger E-Mail-Ausdrucker. D.h. der digitale Wandel erzeugt keine neuen Arbeitsplätze. Im idealfall baut er sogar welche ab. Das verkauft sich aber im öffentlichen Sektor nicht so gut.
Es wird immer gesagt, dass wir einheitliche Prozesse benötigen. Die haben wir aber im Grunde schon. Ich mein, das z.B. Grundbuch sieht in Schleswig-Holstein genauso aus, wie in Bayern. Führt die Daten in eine große Datenbank zusammen und schwupps! Haben wir ein bundeseinheitliches Grundbuch. Mit dem Personalausweis und dessen RFID-Chip könnte man sich dann ausweisen und seine Grundbuchauszüge einsehen.
Neulich brauchte ich mal einen Grundbuchauszug und musste ihn per Post beantragen, da das zuständige Grundbuchamt nicht mal eine öffentliche E-Mail-Adresse (und offenbar auch nur ein einziges Telefon) besitzt. 😒Das hat 4 Wochen gedauert.
Vor zwei oder drei Jahren hab ich mal über das Kontaktformular der Deutschen Rentenversicherung eine Frage gestellt. Die Antwort kam 6 Wochen später per Brief. Da fässt man sich doch an den Kopf.
Oder auch Schulen: Anstatt mit den Digitalpakt den Schulen die Arbeit zum digitalen Wandel aufzudrücken, die damit komplett überfordert sind, könnte man auch einheitliche Systeme zur Verfügung stellen. So sehr unterscheiden sich die Formen der Schulen z.B. in Schleswig-Holstein und Bayern auch nicht. In jedem Bundesland gibt es Klassen und Unterrichtsstunden. Wo ist also da das Problem, ein einheitliches System zu entwickeln, was vom Bund (oder auch meinetwegen vom Land) gehostet wird? Anstatt ca. 32.000 Insellösungen (Anzahl Schulen in Deutschland), gäbe es maximal 16 Insellösungen. Ich hatte mir mal vor einiger Zeit einige Anträge von Schulen durchgelesen, die Gelder vom Digitalpakt beantragt haben. Eine Schule wollte mehrere dieser Tiptoi-Dinger anschaffen, weil das irgendwas mit digital zu tun hat.
Oder Krankmeldung: Der Arzt druckt die Krankmeldung für den Arbeitgeber und Krankenkasse aus. Die Meldung für den Arbeitgeber verschicke ich dann per Post und die für die Krankenkasse fotografiere ich ab und lade sie dann über deren Online-Portal hoch. Warum schickt der Arzt die Meldung, in digitaler Form, nicht direkt an die Krankenkasse? Die Krankenkasse kennt eh meinen Arbeitgeber. Dann kann die Krankenkasse die Meldung auch automatisch an den Arbeitgeber schicken.
Um einen neuen Ausweis zu beantragen, zum Amt zu gehen, macht für mich schon noch Sinn aber wozu brauche ich dort die Geburtsurkunde? Wieso reicht der derzeitige Ausweis nicht? Meine Geburtsurkunde ist ein kleiner Zettel, der noch mit einer Schreibmaschine getippt wurde. Dieser Wisch ist überhaupt nicht manipulationssicher. Den könnte ich selber verfasst haben.