Hey,
ich bin in einer ähnlichen Situation.
Ich befindet mich ebenfalls in der Ausbildung zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung (2. Lehrjahr).
"Mein" Unternehmen ist ebenfalls ziemlich klein (circa 50 Mitarbeiter) und auch ich muss leider sagen, dass ich nicht ausgebildet werde. Ich habe natürlich schon mehrfach meinen Ausbilder drauf angesprochen, dass ich keine Fortschritte mache und keine wirkliche Praxis bekomme - insgeheim interessiert es dort keinen und ich werde teilweise wirklich sehr stark ignoriert mit meinen Anliegen.
Mir ist auch schon klar, dass ich nach den drei Jahren einfach rausgeschmissen werde, wie mein Vorgänger.
Die Berufsschule weiß bescheid, hat mich selbst darauf angesprochen, dass das Unternehmen ein schwarzes Scharf ist, aber man könnte nichts machen.
Bei mir in der Berufsschule sitze ich mit 24 anderen "angehenden" Anwendungsentwicklern zusammen, WOVON mindestens 80 % sagen, dass sie sich so keine Ausbildung vorgestellt haben und sie die meiste Zeit keine richtige Aufgabe haben. Dass die Berufsschule vollkommen praxisfernen Stoff unterrichtet, kommt noch dazu...
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Ich will jetzt gar nicht groß jammern oder mich beschweren, sondern will dir wirklich eins sagen:
Die Realität sieht so aus, dass das ganze Thema "duale Ausbildung" ein schlechter Witz ist und du im Prinzip einfach nur eine billige Arbeitskraft darstellst (Du gehst für die Hälfte des Mindestlohns voll arbeiten!).
Natürlich gibt es Unternehmen, die wirklich Interesse an neuen Mitarbeitern haben und diese entsprechend ausbilden und schulen - quasi ihre Pflicht als Ausbildungsbetrieb wahrnehmen. Der Großteil, vor allem die kleinen Betriebe, suchen aber einfach nur billige Arbeitskräfte für zum Großteil ausbildungsfremde Tätigkeiten.
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Ich kann dir keinen wirklichen Expertenrat geben, aber zumindest kann ich dir eine paar Hilfen geben:
Wenn du merkst, dass das Unternehmen letztendlich keine Einsicht zeigt und sich deine Situation nicht ändert,
musst du wirklich Gas geben. Such dir eine interessante Programmiersprache aus und setzt dich nach der Arbeit und am Wochenende hin und programmier damit!
Das klingt doof, aber DU musst dich nach den 3 Jahren auf dem Arbeitsmarkt bewerben, mit deinem Wissen!
Vielleicht kann man das mit den Programmiersprachen im Unternehmen kombinieren.
Den Weg zur IHK oder Anwalt kann ich dir nicht empfehlen, ich habe damit zumindest keine guten Erfahrungen gemacht und es wird alles so gedreht, dass du ja selbst schuld wärst, dass du nichts kannst.
Denen geht es letztendlich nur um irgendwelche Abschlussquoten oder dass diese Leute sagen können: "Wir bilden aus!".
Menschlich ist das natürlich das letzte, aber ehrlich gesagt, was willst du als einfacher Azubi schon groß machen dagegen...
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Ich könnte dir noch einen ganzen Roman dazu schreiben, wie viel Stunden ich mir damit schon den Kopf zerbrochen habe, aber es hilft alles nichts.
Bei mir im Unternehmen läuft das schon seit Generationen so und es wird sich wohl auch nicht ändern. Du schreibst ja auch, dass du verzweifelt wärst, du darfst dich damit nicht selbst fertig machen, ich kenne dieses Gefühl wirklich sehr gut.
Um es einfach mal auszusprechen: Es sind drei Jahre deines Lebens, in denen du einen Einstieg in die Arbeitswelt finden wolltest, in einem sicherlich tollen Beruf, aber du letztendlich einfach nur abgestempelt und liegengelassen wirst.
Das geht bei drei Jahren voller Arbeitszeit echt auf die Substanz und man sieht es den Leute irgendwann körperlich an.
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Wie gesagt, such das Gespräch und mach auch etwas auf die Pflichten als Ausbildungsbetrieb aufmerksam und schau, wie sie damit umgehen. Es liegt leider komplett an dir, was du aus den drei Jahren machst, wenn sie sich nicht einsichtig zeigen.
Vielleicht kannst du auch deinen Betrieb wechseln, aber das klingt für mich immer alles so realitätsfern, der Alltag sieht anders aus...
Vielleicht kannst/willst du nach der Ausbildung auch noch studieren?