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Solo-Entwickler in der Firma: Gehen oder bleiben?


seepferdchen

Empfohlene Beiträge

Hallo zusammen,
 
ich habe aktuell eine schwierige Situation mit meinem jetzigen Arbeitgeber und viel Zweifel über die Entscheidung, die ich treffen muss.

Ich arbeite bei einem kleinen 4-Mann-Unternehmen. Wir haben keine eigene Entwicklung, der Chef selbst ist kein ITler. Ich habe vor ein paar Jahren als technischer Supportler angefangen, um mein Wirtschaftsinformatik Studium zu finanzieren. Das Studium läuft online und ich kombiniere den Vollzeitjob und ein Vollzeitstudium.

2019 habe ich verstanden dass ich gerne in der Softwareentwicklung weiter arbeiten möchte. Außerdem haben mich andere Themen wie Datenbanken, Data Science und KI fasziniert. Ich habe meinem Chef darüber erzählt, er war überrascht weil er mich auch nach dem Studium weiterhin im technischen Support auf einer höheren Stufe (2nd, 3rd Level Support) gesehen hat. Das war aber nicht mein Wunsch. Damit er mich in seinem Unternehmen halten konnte, hat er meinem Wunsch zugestimmt, aber er konnte auch nicht ganz auf meine Support Tätigkeit verzichten. Also wir haben vereinbart dass ich ca. 50% meiner Arbeitszeit fortgeschrittene Support-Themen, CRM- und Ticketsystem-Administration mache (für andere Support Dinge hat er zwei neue Leute angestellt) und 50 % meiner Arbeitszeit entwickle.

Nun kommt das Problem: Im Unternehmen hat keiner außer mir eine Ahnung von Entwicklung. Es gibt einen Linux Server bei einem Cloud-Anbieter, dieser Server wird von einem Freund des Chefs nebenbei administriert. Er ist nicht fest angestellt und arbeitet eigentlich anderswo. Ansonsten habe ich keine Kollegen mit denen ich mich über Programmierung und Entwicklungsthemen austauschen kann. Ich hatte es mir vorgenommen eine Datenbank und eine Webanwendung für das Unternehmen im Rahmen meiner Bachelor Thesis zu machen. Ich möchte gerne mit Java arbeiten aber weil ich allein das ganze Projekt aufsetzen und programmieren muss, habe ich mich für nodejs entschieden, damit das Frontend und Backend dieselbe Sprache sprechen und ich entsprechend weniger Aufwand habe. Außerdem ist nodejs besonders gut für viele parallel laufende Echtzeit-Prozesse geeignet. Für mich als Anfänger war das sehr schwer und mühsam das ganze Konzept komplett ohne Erfahrung zu erstellen. Deswegen holte ich mir eine Unterstützung von einem online-Mentor, der natürich Geld kostet und den ich von meinem Gehalt bezahle... Er hilft mir, die Fallen zu vermeiden und macht ein bisschen Mentoring und Code Review. Das ist schon mal doof dass ich quasi als Entwickler arbeite aber selbst für Hilfe eines Außenstehenden bezahlen muss.. Als ich dem Chef über den Mentor erzählt habe, war er begeistert und hatte sich über mein Engagement gefreut...... Ich habe im Sommer eine kleine Gehaltserhöhung um 100€ bekommen, das war aber ohne Bezug auf den Mentor , trotzdem sehr nett...

Was mir jetzt immer mehr Sorgen macht, ist dass ich während meiner Entwicklungstätigkeit komplett allein bin, als wenn ich auch etwas ganz privates für mich selbst entwickeln würde. Privat schreibe ich auch einige kleine Programme für mich selbst. Ich sehe da überhaupt keinen Unterschied, weil ich an die ganze Info und an das Know-How selbst über das Googeln und durch den Mentor komme. Ich kann mit keinem aus der Firma darüber reden und der Chef braucht ständig eine "Übersetzung".
Dazu kommt dass ich nun 100% meiner Areitszeit entwickeln möchte und andere Themen etwa CRM-Administration und Prozessoptimierung mich eher belästigen und ablenken.

Über alle diese Themen habe ich schon mit meinem Chef gesprochen. Fazit war:
- er kann keinen zweiten Entwickler anstellen, er braucht zuerst einen Produktmanager der dann quasi als Schnittstelle und "Übersetzter" zwischen mir und ihm fungieren soll (ob das nun hilft...)
- er möchte dass ich weiterhin an Prozessoptimierung und CRM-Administration mit ihm gemeinsam arbeite
- er meint er könne von seinem Areitnehmen bestimmte Kompetenzen verlangen aber ich, Arbeitnehmen, könne von ihm keine Fachkenntnisse in der Entwicklung erwarten...
- er hat mich gefragt ob ich mir vorstellen kann,auch nach dem Studium mindestens bis Ende 2021 bei ihm weiter zu bleiben. Als ich ihm gesagt habe, ich möchte nur entwickeln, hat er um eine "Übersetzung" gebeten, was ich genau meine.... Ich habe gesagt dass ich meine Wünsche konkreter formuliere und ihm später erzähle bzw schriftlich sende, für mich sieht das ganze sehr merkwürdig aus dass man Entwicklung von Nicht-Entwicklung nicht unterscheiden kann oder will....na ja..

Nachdem ich mir nun alles durchdacht habe, bin ich zum Ergebnis gekommen dass ich sein Unternehmen verlassen möchte, und zwar spätestens zum Ende des Studiums, im Sommer 2021. Am liebsten würde ich einfach sofort gehen, weil ich einfach die Nase voll habe. Außerdem tauchen immer wieder Missverständnissen zwischen mir und dem Chef auf, weil er immer als Anwender und User denkt und die Entwicklungstiefe nicht versteht und diese ihn auch nicht interessiert.

Ich möchte gerne Erfahrungen in einem Team von anderen Entwicklern sammeln und nicht zuhause im eigenen Code verrosten. Solche Dinge wie agile Entwicklung, Team-Working, GitHub usw gehen einfach an mir vorbei, aber wie kann ich das meinem Chef erklären wenn er nicht weiß was diese ganzen Dinge bedeuten und das ihm auch egal ist??? Er hat eine Strategie fürs Unternehmen und für Prozesse, fürs Marketing überlegt und bespricht diese immer wieder mit mir . Er möchte dass ich mir irgendwelche Tools anschaue, aber ich erzähle ihm seit Monaten was mich wirklich interessiert und was ich machen möchte und das hat er entweder nicht verstanden oder vergessen. Er sagt immer "du kannst ja nicht immer davon ausgehen dass ich mich erinnere was du mir vor drei Monaten erzählt hast". Wir haben nie ausführlich über meine Bachelor Thesis geredet. Als Mensch ist er wirklich nett und entgegenkommend und ich habe oft das Gefühl ich kann und will nicht mehr.. Wenn ich jetzt gehe, bekommt er eine Lücke in seiner Firma. Auf der anderen Seite verstehe ich nicht warum ich mich und meine Wünsche über so viel Zeit für seine Firma opfern muss....

Ich weiß nicht was ich tun soll... Ich brauche einen Tipp wie ich mich verhalten soll. Ein Freund von mir sagt ich soll das Studium beenden und dann sofort abhauen. Aber was wenn ich jetzt gehen möchte? Ich kriege ständig verschiedene Job-Angebote übers Internet. Wie sage ich es dem Chef dass ich gehen möchte?... Oder erstmal gar nichts sagen? Oder doch bleiben?

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Du bist Student und hast keinen fachlichen Ansprechpartner? Besonders in den ersten Jahren Berufserfahrung ist ein Mentor zur Einarbeitung wichtig und das sollte von der Firma kommen. Wenn man niemanden für Fragen hat, eignet man sich einen schlechten Code - Stil an und du kannst hier im Forum Geschichten dazu von Ausbildern hören, warum sie lieber Azubis von der Pike auf Sachen beibringen als einen schlechten Stil abzugewöhnen. 

Daher mein Rat : Gehe sofort weg und such dir etwas neues! 

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vor 3 Stunden schrieb seepferdchen:

wie kann ich das meinem Chef erklären wenn er nicht weiß was diese ganzen Dinge bedeuten und das ihm auch egal ist???

Wieso musst du dich denn rechtfertigen, wenn du das Unternehmen verlassen möchtest? Du möchtest dich fachlich weiter bilden (was ich sehr gut finde!) und das ist in dem jetzigen Unternehmen nicht möglich. Selbst wenn er fachlich mehr verstehen würde, macht eine One-Man-Show noch kein agiles Entwicklungsteam aus ;) 

vor 3 Stunden schrieb seepferdchen:

Er sagt immer "du kannst ja nicht immer davon ausgehen dass ich mich erinnere was du mir vor drei Monaten erzählt hast".

Er möchte dir ins Gewissen reden, weil er dich behalten möchte. Aber für seine Interessen, nicht für deine. Da ist in meinen Augen ganz einfach ein Interessenkonflikt. Selbst wenn du dort bleibst, wird es auf Dauer für beide Seiten nicht gut gehen (ob du deine Bachelorarbeit dort schreibst oder nicht).

vor 3 Stunden schrieb seepferdchen:

Als Mensch ist er wirklich nett und entgegenkommend

Wenn er wirklich so nett ist, dann wird er ja verstehen, warum du gehst und ihr könnt euch im Guten trennen. Zumindest wenn ihm an dir etwas liegt - menschlich und nicht nur als (billige) Arbeitskraft. Wenn er wütend auf dich ist, tja, dann zeigt es ja seine wahre Natur. Ich glaube du fühlst dich ihm moralisch zu irgendwas verpflichtet, aber das bist du nicht.

vor 3 Stunden schrieb seepferdchen:

ich kann und will nicht mehr..

Dann mach auch nicht mehr! Wieso quälen sich so viele Menschen immer selbst... 🙈

vor 3 Stunden schrieb seepferdchen:

Wie sage ich es dem Chef dass ich gehen möchte?

Kündigen?!

vor 3 Stunden schrieb seepferdchen:

Ein Freund von mir sagt ich soll das Studium beenden und dann sofort abhauen

Am besten früher als später... Die Kündigung am Wochenende schreiben, am Montag einreichen und fertig. 

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@seepferdchen

Wie ich das herauslese, hast Du Deinen Entschluss schon gefasst. Du möchtest von uns nur noch wissen, ob Deine Entscheidung die Richtige Wahl ist.

Du bist jetzt in einer Situation, die viele hier Forum haben, wenn Sie an einem Punkt gekommen sind, wenn Realtätigkeit auf Wunschtätigkeit trifft und man daran nichts ändern kann. Aus Erfahrung kann ich Dir sagen, die Eigenmotivation wird stetig sinken und man wird auf Dauer nur unglücklich.

Du hast einige Optionen. Diese musst Du für Deinen zukünftige Lebensausrichtung nur noch temporär durchlaufen oder ändern.

  1. Noch einmal das Gespräch mit Deinem Arbeitgeber suchen und eine zufriedenstellende Lösung für Dich finden
  2. Solange alles Schlucken, bis das Studium zu ende ist und dann sich Neuausrichten
  3. Jetzt eine neue Arbeitsstelle suchen, wo Du Deine Wunschtätigkeit ausüben kannst
  4. Kündigen und das Studium ohne Nebenjob weiterführen

Alles hat seine Vor- und Nachteile.

Ich sage es mal so. Du hast jetzt eine Arbeitsstelle. Jedoch hält Dich niemand davon ab, sich anderweitig umzusehen. Man kündigt eh erst, wenn man einen neuen Vertrag unterschrieben hat. Jetzt kommen die Feiertage und ein Jahreswechsel, da kannst Du in aller Ruhe überlegen, wie Du Dir das kommende Jahr vorstellst.

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