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Vom Angestellten zum Freelancer, was ändert sich, was ist zu beachten?


blaa

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Hallo, ich bin seit 3 Jahren Entwickler und Angestellter, ich überlege ob nun als Freelancer tätig zu werden, aufgrund der besseren Verdienstmöglichkeiten, sowie der besseren Flexibilität usw.

Wer hat von euch diesen Weg gewagt und welche Tipps und Hürden muss man beachten? Was ändert sich für mich alles?

Hoffe auf eure Erfahrungen :-)

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Hi blaa,

also ich habe den Schritt einmal gewagt (mit zwei weiteren eine GbR gegründet) und bin zurück in ein festes Beschäftigungsverhältnis.

Was du auf keinen Fall vernachlässigen solltest sind folgende Punkte:

1) Zeit und Aufwand

Du musst sehr viel Zeit mit Dingen verbingen, die du dem Kunde nicht berechnen kannst. Das wären zum Beispiel Aquise, Vorabtermine, Buchhaltung, Steuerberater, Bank, Anwalt, schlimmstenfalls auch noch Gericht; um nur einige zu nennen. Eine 40-Stunden-Woche sowie 30 Tage Urlaub kannst du vergessen.

2) Verdienst

Beachte, dass du das doppelte verdienen musst, als du haben möchtest. Deine Ausgaben sind nicht nur Steuern, sondern auch Steuerberater, Anwalt, Werbekosten, Reisekosten, Versicherungen usw.

Der Zahlungsmoral ist allgemein schlecht. Von meinen über 20 Kunden in drei Jahren, haben nur zwei pünktlich bezahlt. Und das ist leider kein Witz. Bestätigt wird das quer durch alle Branchen von Selbständigen.

Geld ausgeben: selbst wenn du viel Geld verdienst, musst du Zeiten ohne oder nur mit wenig Aufträgen überbrücken können. Wenn du also alles gleich auf den Putz haust, wirst du das nicht können. Sparst du aber, ist dein "Gehalt" gering und die Motivation geht zurück. Da musst du das richtige Gleichgewicht finden. Aber es ist extrem blöd, einige Zehntausend zu haben, diese aber nicht ausgeben zu wollen. Genauso blöd ist es, das Geld auszugeben und dann pleite zu sein, denn dein Vermieter, deine Verischerungen, der Staat, die Bank usw. wollen trotzdem ihr Geld.

3) Kunden

Du musst ständig aquirieren. Manchmal werden Budgets gestrichen, Aufträge gekürzt oder komplett fallen gelassen. Selbst wenn dich ein Kunde mehrere Monate beschäftigt, solltest du weiter Aqzuise betreiben. Außerdem wird dir viel Versprochen ("Jetzt mach das ein wenig günstiger und ich habe dir ein paar Folgeaufträge"). Verlass dich nicht auf sowas. Die Kunden, die am anfang am spendabelsten sind, sind bei der Abrechnung die gezigsten.

Ansonsten macht es auch Spaß und man lernt viel. Ich würde es vielleicht früher oder später wieder wagen, aber dann nicht mehr so naiv an die Sache rangehen. Momentan genieße ich jedoch lieber mein 8-Stunden-Tag, mein geregeltes Einkommen und die viele Freizeit ;) Ich möchte die Selbständigkeit auf keinen Fall schlecht machen, aber man sollte sich bewusst sein, was auf einen zukommt. Ein Streit mit nem Kunde, dem Finanzamt usw. kann zudem recht anstrengend sein und einen auch psychisch belasten. Genauso ist es mit finanziellen Schwierigkeiten. Ich bin inzwischen froh, dass ich es sauber hinter mich gebracht habe.

Grüße,

pr0gg3r

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3) Kunden

Du musst ständig aquirieren.

Das! Ganz wichtig.

Viele springen in die Selbstständigkeit wenn sie einen Kunden haben, der verspricht sie 3 Monate auszulasten und einen normalen Freelancer-Tagessatz von 500 EUR bietet. Bei vielen, oftmals langjährigen Angestellten leuchten dann die Dollarzeichen in den Augen ("11.000 EUR/Monat! Ich muss nie wieder arbeiten!") und der MA läuft im Modus "Gier frisst Hirn!".

Wenn das Projekt dann ausläuft oder aus heiterem Himmel das Budget gekürzt wird (von einem schulterzuckenden "Sorry, aber die GF hat das doch nicht genehmigt" wird man auch nicht satt), der Kunde nicht zahlen will oder man zufällig erkrankt, kommt ganz schnell, ganz viel Hektik auf. Das würde ich nicht auf die leichte Schulter nehmen. Also am besten noch einmal ganz tief in sich gehen und darüber nachdenken.

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Ich bin ja damals (2006) nach meiner Ausbildung und erfolglosen Bewerbungen (in der Region gab es zu der Zeit eine Fachinformatikerschwemme und da ich zwar FIAE bin, aber eher Richtung FISI arbeiten wollte, war einfach nichts zu bekommen) quasi wie die Jungfrau zum Kinde in die Selbständigkeit gerutscht (hört sich irgendwie doof an, ist aber so) und ich bin aktuell froh, dass ich seit 6 Monaten wieder Angestellter bin.

Klar "verdient" man viel Geld auf den ersten Blick, aber wenn man es mal durchrechnet, ist man als Angestellter oftmals sogar besser dran. Ich würde mal schätzen um die 20% der einnahmen blieben nach Abzug aller Abgaben noch über.

Gut - man kann Sachen wie Auto oder neuen PC oder Handy u.s.w. ganz einfach absetzen - das ist natürlich ein großer Vorteil bei einer Selbständigkeit, aber dafür hat man als Angestellter auch einiges weniger Kosten und vor allem hat man ein geregeltes Einkommen.

Geh als Selbständiger mal zur Bank und versuche einen Kredit zu bekommen - du wirst in 99% der Fälle jämmerlich scheitern, wenn du kein Haus o.ä. als Sicherheit hinterlegen kannst.

Wenn es also mal schlecht läuft, hast du nur durch Privatkredite (z.B. innerhalb der Familie) die Möglichkeit, dies zu überbrücken, wenn die Zeit zwischen den Projekten zu lang wird oder du einfach nicht genug verdienst eine Zeit lang, die Ausgaben sich aber nicht reduzieren, oder du einfach aufgrund von Krankheit mal ein paar Wochen nicht arbeiten gehen kannst. Krankenversicherungen zahlen frühestens nach 4 Wochen (zumindest wenn die Versicherung noch einigermassen bezahlbar bleiben soll), eine freiwillige Arbeitslosenversicherung beim Amt lohnt sich auch nicht wirklich in den meisten Fällen und somit hat man, wenn man mal was länger krank ist, bis zu 4 Wochen keinen Verdienst - die Ausgaben hingegen schon.

Da überlegt man sich dann echt, ob man wirklich zu Hause bleibt, oder ob man doch leiber schon halt tot arbeiten geht...

Ich glaube in den ca. 7 Jahren meiner Selbständigkeit hatte ich INSGESAMT gerade mal 10 Tage, an denen ich aufgrund von Krankheit nicht arbeiten war! Und das nicht, weil ich nie krank war, sondern weil ich mich auch krank zur Arbeit geschleppt habe, bis es nicht mehr ging. Sich selber einen Gefallen tut man damit nicht, aber irgendwie muss man ja auch seine ganzen Kosten decken.

hier ist ein guter Link zu den Steuern und wie diese berechnet werden.

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....

Wenn es also mal schlecht läuft, hast du nur durch Privatkredite (z.B. innerhalb der Familie) die Möglichkeit, dies zu überbrücken, wenn die Zeit zwischen den Projekten zu lang wird oder du einfach nicht genug verdienst eine Zeit lang, die Ausgaben sich aber nicht reduzieren, oder du einfach aufgrund von Krankheit mal ein paar Wochen nicht arbeiten gehen kannst. Krankenversicherungen zahlen frühestens nach 4 Wochen (zumindest wenn die Versicherung noch einigermassen bezahlbar bleiben soll), eine freiwillige Arbeitslosenversicherung beim Amt lohnt sich auch nicht wirklich in den meisten Fällen und somit hat man, wenn man mal was länger krank ist, bis zu 4 Wochen keinen Verdienst - die Ausgaben hingegen schon.

Dafür gibt es Krankentagegeldversicherungen, die natürlich auch bezahlt werden müssen.

Der Satz Selbstständig zu sein, bedeutet, man arbeitet selbst und ständig, kommt nicht von ungefähr.

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Krankentagegeldversicherungen - schön und gut, aber oftmals ist der Betrag pro Tag auf um die 55€ beschränkt, was einem somit also nicht sooo viel bringt, wenn man normalerweise um die 500€/Tag verdienen würde. Dafür dann 150€/Monat zusätzlich ist genau das, was ich mit "lohnt sich nicht" meinte. Frühestens gibt es ja eh erst Geld ab dem 4ten Krankheitstag.

Ab dem 8ten Tag ist zwar ein höherer Satz möglich, aber wenn man mal die Hälfte des Standardsatzes (also 250€) auswählt, dann landet man schnell bei um die 500€/Monat an Kosten dafür. Ab dem 15ten Tag mit 250€ Satz ist man noch immer bei um die 250€/Monat rum, was sich auch noch nicht wirklich rechnet. So lange ist man ja eher selten krank. Ab 4 Wochen wird es dann einigermassen OK vom Preis her, aber um die 150€/Monat muss man auch dann noch dafür rechnen.

Dazu kommt dann noch die Krux, dass man wenn man es bekommt eventuell nachweisen muss, dass man denn überhaupt so viel verdient hat, wie man an Krankentagegeld dann im Monat bekommt. Aus dem Grund wird das Krankentagegeld ja auch nicht so hoch gewählt wie der Betrag, den man im Normalfall pro Monat verdient.

Als Selbständiger / Freelancer sollte man also möglichst immer schauen, dass man sich ein finanzielles Polster schafft, so dass man auch mal 3 Monate überbrücken kann. Krankentagegeld finde ich persönlich erst ab nach 4 Wochen sinnvoll / bezahlbar, denn ansonsten bezahlt man tausende € / Jahr und hat so gut wie nie was davon oder aber der Satz ist so gering, dass er einem nicht wirklich weiterhilft im Falle der Fälle (Beispiel: 55€ Tagessatz Krankentagegeld, entspricht bei einem Freelancer eher dem normalen Stundensatz und von 20 Std im Monat kann man nicht leben. Da macht es mehr Sinn, das Geld wo zurückzulegen für den Fall der Fälle).

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Zum Thema Krankheit möchte ich noch sagen, dass man erhebliche Probleme kriegt, wenn man wirklich ein paar Tage ausfällt. Nicht nur wegen der Krankenkasse und derren Beiträgen (ich habe über 300€ monatlich gezahlt...), sondern auch mit dem Aufträgen. Sagen wir einfach mal, man fällt 3 Tage aus, das sind 24 Stunden. Die nächste Woche ist dann also keine 40-Stunden-Woche mehr, sondern eine 64-Stunden-Woche oder 48-Stunden-Woche wenn man das Wochenende arbeitet, was 12,8 bzw. 9,6 Stunden pro Tag an Arbeit bedeutet . Dann sind wir also auch schon beim nächsten Thema, der Projektorganisation. Wenn man jetzt einen Buffer von ein paar Tagen eingeplant hat, kann man das kompensieren. Man muss also wirklich viel Zeit und Aufwand in die Projektplanung setzen. Notfalls geht dann eben Urlaub und Wochenenden dafür drauf. Und hier braucht man dann wieder ein privates Umfeld, das überhaupt mitmacht.

Dann ist mir noch eingefallen, wie hart umkämpft der Markt ist. Es gibt zwar immer wieder Nieschen, in denen Stundensätze von ab 80€ gezahlt werden (SAP, Citrix, VMWare, Oracle, ...) können(!), solche Aufträge kriegen aber nur langjähirge Profis in dem jeweiligen Bereich. Man selber dümpelt da eher bei dem von Crash genannten Tagessätzen rum. Die Tagessätze lassen sich auch nur bei neuen Kunden anheben, bei Bestandskunden ist das ganz schwierig. Außerdem macht es ja sowieso ein anderer für weniger Geld leider. Aber glaub mir, da ist immer jemand. Und wenn man dann > 20 Stunden in den Kunde investiert hat, der Auftrag aber an jemand anderen geht, weil er 2€ weniger auf die Stunde verlangt, kann das auch ganz schön deprimieren.

Wieso ich die Selbständigkeit aufgegeben habe, hat quasi den Grund, dass ich zwar immer ganz gut verdient habe, aber nie mein Geld ausgeben konnte, da ich nie wusste, wann der Kunde endlich zahlt. Außerdem hatte ich es satt, mich ständig mit Kunden rumzuplagen, die den vertraglich vereinbarten Preis nicht zahlen wollten, obwohl die Leistung erbracht wurde. Als ich dann einen Auftrag im höheren fünfstelligen Bereich nicht bekommen habe, in den ich viel Zeit und Arbeit investiert habe, da es ein anderer nur etwas billigerangeboten hat, hatte ich die Schnauze voll.

Ich hatte aber quasi das Glück, dass ich immer einen Bestandskunden hatte (mein davoriger und jetztiger Arbeitgeber), für den ich immer arbeiten konnte, wenn meine Auftragslage eher mau war. Da wir aber eine GbR hatten und zu dritt waren, gab es dadurch halt auch Uneinigkeiten. Aber so ein Kunde ist auf jeden Fall Gold wert. Ich kenne auch einige andere Selbständige, die ihren ehemaligen Arbeitgeber als Kunden haben, weil das Knowhow gebraucht wird.

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