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sind Fachinformatiker in der Regel de Jure leitende Angestellte?


GoaSkin

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Dass Fachinformatiker regelmäßig Leitungsfunktionen übernehmen, hört sich zwar ziemlich lächerlich an. Wenn man allerdings nach der gesetzlichen Definition eines leitenden Angestellten geht, für den das Arbeitszeitgesetz nicht gilt, so kann man glauben, dass ein Fachinformatiker so gut wie immer ein Kriterium erfüllt, was einen leitenden Angestellten ausmacht. Insbesondere dann, wenn man in einem kleineren Betrieb beschäftigt ist, wo es keine anderen Mitarbeiter gibt, die vergleichbare Aufgaben ausüben.

https://de.wikipedia.org/wiki/Leitender_Angestellter

Da ein leitender Angestellter de jure scheinbar nur eines von Vielen Kriterien erfüllen muss, mag ein Betrieb ggf. auch argumentieren können, dass alle seine Angestellten Leitende sind.

Warum ich dieses Thema anspreche? Dass es ein Arbeitszeitgesetz gibt, dass es einem Angestellten nur in begründeten Ausnahmefällen erlaubt, länger als 8 Stunden zu arbeiten ist gerade ein Thema, dass sehr an die große Glocke gehängt wird. In manchen großen Firmen macht man sich sogar den Betriebsrat zum Feind, wenn man freiwillig mehr als 8 Stunden an einem Tag arbeitet.

Im IT-Umfeld ist die Realität meist anders. Überstunden hin oder her - selbst wenn man Mehrarbeit abfeiern kann, gibt es Situationen, in denen man mal 12 Stunden und mehr am Stück arbeitet - z.B. in Notfällen und im Rahmen aufwendiger Installationen, die man nicht zwischendrin unterbrechen kann. Wenn ein Betriebsrat oder eine außerbetriebliche Organisation darauf achtet, dass täglich nur 8 Stunden gearbeitet wird, ist das auch nicht immer im Interesse des Angestellten, der auch mal ein paar Stunden sammeln möchte, um sich dafür mal einen Nachmittag freinehmen zu können. Zu dem gibt es Situationen, in denen es zusätzlicher Zeitdruck ist, bis zum Feierabend - in begründeten Ausnahmefällen nach 10 Stunden - mit einer kritischen Sache fertig sein zu müssen.

Oder alles etwa halb so wild, weil zumindest vor dem Gesetz fast alle Leitende Angestellte sind?

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Leitende Angestellte zeichnen sich dadurch aus, dass ihnen wesentliche Arbeitgeberbefugnisse übertragen wurden. Das sind: Einstellungs- und Entlassungsbefugnis, eine nicht unbedeutende Handlungsvollmacht oder Prokura, oder die Übertragung sonstiger Aufgaben in unternehmerischer Funktion. Wenn einem Angestellten mindestens eine der drei genannten Funktionen dauerhaft übertragen ist, ist er Leitender Angestellter im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes.

Die Aussage, dass ein Fachinformatiker "so gut wie immer eins dieser Kriterien erfüllt", halte ich für gewagt, denn ich glaube nicht, dass sich die meisten Leute, die eine technische Ausbildung gemacht haben, in eine Richtung entwickeln, die ihnen Handlungsvollmacht/Prokura oder Einstellungs- und Entlassungsbefugnis gewährt.

Ja, ich kenne Leute, die FIAE gemacht haben, inzwischen im Projektmanagement arbeiten und auch solche Befugnisse haben, das sind aber die wenigsten. Auch die meisten Mitschüler aus meiner Berufsschule sind wie ich nicht in leitenden Positionen, sondern "ausführendes Organ" ohne Leitungsbefugnisse.

Zum Thema Arbeitszeitgesetz kann ich leider nichts sagen, weil ich seit meiner Ausbildung nur in Betrieben gearbeitet habe, die keinen Betriebsrat haben und das somit faktisch niemanden geschert hat.

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Für mich sind inzwischen 2 andere Punkte wichtiger, als die maximal 8 Stunden Arbeit pro Tag:

  • 11 Stunden Ruhezeit zwischen Feierabend und Arbeitsbeginn
  • Die vorgeschriebenen 5(?) Minuten Pause pro Stunde Bildschirmarbeit (bin Anwendungsentwickler)

Was die wenigsten wissen/beachten ist, das die 11 Stunden von neuem laufen, sobald man in seiner Freizeit z.B. eine berufliche Mail beantwortet ;-)

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Die Aussage, dass ein Fachinformatiker "so gut wie immer eins dieser Kriterien erfüllt", halte ich für gewagt, denn ich glaube nicht, dass sich die meisten Leute, die eine technische Ausbildung gemacht haben, in eine Richtung entwickeln, die ihnen Handlungsvollmacht/Prokura oder Einstellungs- und Entlassungsbefugnis gewährt.

Nach dem Wiki-Artikel hört das sich so an, als muss ein leitender Angestellter nur Eines von den Vielen Kriterien erfüllen und darum auch keine Handlungsvollmacht haben. Insbesondere lassen diese Punkte viel Interpretationsspielraum offen:

regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.“

und

einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind

Was ist z.B., wenn man aufgrund der Unternehmensgröße kaum von unterschiedlichen Ebenen sprechen kann? Oder von mehreren Informatikern jeder irgendwo die Verantwortung für seine Baustellen trägt? Oder man in einem Unternehmen der Administrator ist, der dafür sorgen muss, dass die IT funktioniert, während sich die anderen Mitarbeiter ums Brötchen backen kümmern?

Bearbeitet von GoaSkin
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In manchen großen Firmen macht man sich sogar den Betriebsrat zum Feind, wenn man freiwillig mehr als 8 Stunden an einem Tag arbeitet.

Was ich auch vernünftig finde, denn ständiges schieben von Überstunden führt leider oft zu einer unausgesprochenen Verpflichtung für alle. Das ist gewiss nicht überall so, die Gefahr besteht immer und in jedem großen Unternehem in dem ich bereits gewesen bin, war das leider auch so. Da waren 10 Stunden/täglich plötzlich ganz normal und jeder der eher gegangen ist wurde schief angeschaut. Wenn übrigens das Überstunden-schieben nur gemacht wird, damit man zusätzliche freie Tage hat, dann mag das zwar schön sein für den Einzelnen, gefährdert aber unterm Strich den Normal-Betrieb, der halt gewünscht ist ...

Im IT-Umfeld ist die Realität meist anders. Überstunden hin oder her - selbst wenn man Mehrarbeit abfeiern kann, gibt es Situationen, in denen man mal 12 Stunden und mehr am Stück arbeitet - z.B. in Notfällen und im Rahmen aufwendiger Installationen, die man nicht zwischendrin unterbrechen kann. Wenn ein Betriebsrat oder eine außerbetriebliche Organisation darauf achtet, dass täglich nur 8 Stunden gearbeitet wird, ist das auch nicht immer im Interesse des Angestellten, der auch mal ein paar Stunden sammeln möchte, um sich dafür mal einen Nachmittag freinehmen zu können. Zu dem gibt es Situationen, in denen es zusätzlicher Zeitdruck ist, bis zum Feierabend - in begründeten Ausnahmefällen nach 10 Stunden - mit einer kritischen Sache fertig sein zu müssen.

In meinem jetzigen Unternehmen gab es früher keine Überstundenregelung. Das hatte zur Folge, dass man nach 8 Stunden Arbeitszeit erstmal mit der Hauptarbeit anfing, weil irgendwem Freitag um 17:00 eingefallen ist, dass wir für den Stichtag am Montag noch xyz brauchen. Da kam ich dann oft nicht vor 3:00 nach Hause. Das wurde zwar bezahlt/Freizeitausgleich allerdings ist sowas doch trotzdem ******e. Bei uns ist es heute auch so, dass es keine Überstunden abseits von 10 Stunden mehr gibt. Überstunden verfallen am Ende des Monats automatisch und man kann jeden Tah maximal zwei abbauen, weil 6 Stunden Kernarbeitszeit pro Tag vorgeschrieben ist. Generell dürfen Überstunden nur noch durch explizite Anordung durch den Vorgesetztn stattfinden, der das dann gut begründen muss und das deshalb auch nie passiert. Heißt für mich: Ich gehe nach 10 Stunden Arbeit, auch wenn dann die ****e am Dampfen ist. Es gibt keine wichtigen Installationen, die man nicht mal eben unterbrechen kann. Man kann auch an der nächsten Eingabeprompt am nächsten Tag weiter machen uvm. Wenn dann irgendwas am "Stichtag" vor die Wand fährt - nicht mein Problem. Ich mache mit Sicherheit keine unbezahlten Überstunden und Lebenszeit schenke ich meinem Arbeitgeber nicht. Alles andere ist ein Management-Problem (schlechte Planung, zu wenig Ressourcen etc. etc.). Man muss sich von dem "Das muss aber dann laufen" verabschieden => Nein muss es nicht , und wenn doch, muss das vom Management anders geplant werden. Wenn man da aber immer einspringt mit unbezahlten/unaufgeführten Überstunden, tja, dann gibt es für das Management keinen Anlass, etwas zu ändern. Wenn du dann Nachts nach Hause fährst und einen Unfall baust, weil du nach 14 Stunden Arbeit nicht mehr kannst, dann bleibst du noch auf deinem Schaden sitzen (z. B. Schwerbehinderung durch Autounfall), weil dir natürlich Niemand Überstunden angeordnet und genehmigt hat - vielleicht mündlich aber eben nicht schriftlich ("[..] Das hat der freiwillig gemacht, wir wussen davon nix") ...

Bearbeitet von Uhu
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Was ich auch vernünftig finde, denn ständiges schieben von Überstunden führt leider oft zu einer unausgesprochenen Verpflichtung für alle.

Nicht nur das. Es führt auch dazu, dass sich der AG denkt "Wozu neue Leute einstellen. Die Leute schaffen ihr Pensum ja auch so" ;)

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Nicht nur das. Es führt auch dazu, dass sich der AG denkt "Wozu neue Leute einstellen. Die Leute schaffen ihr Pensum ja auch so" ;)

Von einem Personaler(!) hab ich mal gehört, das man Überstunden "abfeiern" soll, weil den Arbeitgeber eher unter Druck setzt, eben doch neue Leute einzustellen, als wenn er die Überstunden auszahlen "darf" ;-)

Bei einem "Zulieferer" eines ehemaligen AG von mir hat das mal dazu geführt, das deren leitender Entwickler knapp 3,5 Monate nicht anwesend war, weil er geschafft hat, das er Jahresurlaub + Überstunden zusammen nehmen durfte.

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Ohne jetzt tiefer in die Materie einzusteigen.

Nach dem Wiki-Artikel hört das sich so an, als muss ein leitender Angestellter nur Eines von den Vielen Kriterien erfüllen und darum auch keine Handlungsvollmacht haben. Insbesondere lassen diese Punkte viel Interpretationsspielraum offen:

Nein tut es nicht:

Leitende Angestellte zeichnen sich dadurch aus, dass ihnen wesentliche Arbeitgeberbefugnisse übertragen wurden. Das sind: Einstellungs- und Entlassungsbefugnis, eine nicht unbedeutende Handlungsvollmacht oder Prokura, oder die Übertragung sonstiger Aufgaben in unternehmerischer Funktion. Wenn einem Angestellten mindestens eine der drei genannten Funktionen dauerhaft übertragen ist, ist er Leitender Angestellter im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes.

Keiner dieser 3 Punkte fällt unter die üblichen Aufgaben/Befugnisse eines Fachinformatikers, aber natürlich gibt es Ausnahmen und Leute die sich hochgearbeitet haben.

Zu Behaupten in einem 5 Mann Betrieb mit Chef und 4 Angestellten ist jeder leitender Angestellter weil sich alle auf der gleichen ebende Befinden halte ich auch für sehr...fragwürdig ;) Da gibt es dann einfach keine leitenden Angestellten (sofern nicht einer eben doch eine besondere Position hat).

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Das Problem ist hier, dass die KMUs den Aufwand scheuen, den Zeitkonten für Angestellte mit sich bringen. Nun scheut man zwar den Aufwand der Kontrolle aber vertraut gleichzeitig seinen Mitarbeitern so wenig, als dass man Vertrauensarbeitszeit auf breiter Basis anbieten möchte.

Das führt dann zur Unsitte, dass die Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind oder nur in Absprache mit der GF abgefeiert werden dürfen und am Ende des Monats / Jahres verfallen. Ersteres sollte eig. nur leitenden Angestellten mit einem Jahresgehalt jenseits der 100k vorbehalten sein und letzteres wird dadurch ausgehebelt, dass eine eng ausgelegte Kernzeit oder chronischer Personalmangel gar kein Abfeiern ermöglichen. Gruppendynamik ("Ich kann meine Kollegen doch nicht alleine lassen!") und die Angst um den Arbeitsplatz ersticken jeden Wunsch zum Aufschrei schon im Keim.

An dieser Praxis wird sich jedoch nichts ändern. Die Gründung eines BR führt am Ende dazu, dass man selbst kündigt. Und selbst mit BR wird man schon Wege finden, die Mitarbeiter dazu zu bringen, die Überstunden nicht mehr offiziell aufzuschreiben (siehe die Arbeitspraxis der Big4).

Mein Rat wäre hier solche Ausbeuterbuden zu meiden oder sie nur im Notfall als Sprungbrett zu nutzen und nach ein / zwei Jahren das Weite zu suchen.

Bearbeitet von Kwaiken
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Hinzu kommt, dass das Ausbezahlen der Überstunden die schlechtere der beiden Optionen ist. Jemand mit 50 Überstunden und Lohnsteuerklasse 1 bekommt definitiv weniger Geld ausbezahlt, als jemand, mit den selben Überstunden, dem gleichen Stundenlohn und z.B. Lohnsteuerklasse 3. Zumal das "Abfeiern" dem AG mehr weh tut und ihn vielleicht eher dazu bringt, zusätzliches. Personal einzustellen.

Mein Rat wäre hier solche Ausbeuterbuden zu meiden oder sie nur im Notfall als Sprungbrett zu nutzen und nach ein / zwei Jahren das Weite zu suchen.

Wenn man in einer strukturschwachen Region lebt und aus familiären Gründen nicht wegziehen kann, ist das so eine Sache mit dem Meiden. Da muss man oft nehmen, was man kriegt ...

Bearbeitet von Systemlord
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